Architektur macht Schule
„... obwohl die Architektur das alltägliche Leben der Menschen prägt, ist sie nach wie vor kein selbstverständlicher Bestandteil des Unterrichts.“
Die Zukunft unserer Städte und Dörfer wird unter anderem dadurch bestimmt sein, wie heutige Kinder es lernen, kreativ und verantwortungsbewusst mit ihrer gebauten Umwelt umgehen. Für das Erkennen dieser zukünftigen Verantwortung und die Sensibilisierung für die bauliche wie die ästhetische Qualität unserer Lebensumwelt kann Schule einen wesentlichen Impuls geben. Unter der Prämisse „sehen-verstehen-zeigen“ wird nicht nur die Wahrnehmung des eigenen Lebensraumes (und darüber hinaus) geschult, sondern auch grundlegende architekturtheoretische, stadt- und freiraumplanerische Grundlagen vermittelt. Zudem werden den Jugendlichen Möglichkeiten aufgezeigt, sich aktiv an Gestaltungsprozessen zu beteiligen und diese in eigenen kreativen Projekten umzusetzen.
„Architektur macht Schule“ wird seit 2013 erfolgreich an sächsischen Schulen durchgeführt. Inzwischen konnten 64 Projekte erfolgreich abgeschlossen werden. Finanziert wird das Projekt seit 2018 durch eine vollständige Förderung seitens der sächsischen LEADER-Regionen Schönburger Land, Tor zum Erzgebirge, Erzgebirgsregion Flöha – Zschopautal, Zukunftsregion Zwickauer Land und Zwönitztal-Greifenstein-Region. Für den neuen, bis 2023 laufenden Projektzeitraum konnte die Kooperation um weitere LEADER-Regionen ausgebaut werden, so dass „Architektur macht Schule“ von der Stiftung Sächsischer Architekten an elf Schulen in den LEADER-Regionen Schönburger Land, Dresdner Heidebogen, Land des Roten Porphyr, Südraum Leipzig, Tor zum Erzgebirge, Vogtland, Westerzgebirge, Zukunftsregion Zwickauer Land und Zwönitztal-Greifensteine umgesetzt werden kann.
Die teilnehmenden Schulen sollten diesmal in Zusammenarbeit mit der Gemeinde- oder Stadtverwaltung am Standort der Schule oder in anderen Ortsteilen städtebauliche Bereiche untersuchen und dafür neue Vorschläge erarbeiten. Gewünscht war hier eine Abstimmung mit den Kommunen im Vorfeld des Projektes, um möglichst aktuelle Themen in die anschließende Diskussion mit der Politik einzubringen und ggf. auch eine Realisierbarkeit der erarbeiteten Ideen der Schüler:innen zu ermöglichen. Die Ansprechpartner:innen aus den Verwaltungen konnten sich von Beginn am Projekt beteiligen, da das Thema Jugendbeteiligung zukünftig auch für andere Planungsvorhaben in den Gemeinden Relevanz besitzt bzw. besitzen sollte.
Der Projektverlauf
1. Auftaktveranstaltung
Das Projekt beginnt mit einem Kick-off Meeting im Haus der Architekten in Dresden. Bei dieser Veranstaltung sind die sich am Projekt beteiligenden Lehrer:innen, Architekten:innen, Stiftungsmitglieder, Leadermanager:innen und Ansprechpartner:innen der Kommunen anwesend. Nach einer kurzen Vorstellung der Stiftung erfolgt eine Einführung in das Projekt »Architektur macht Schule« sowie eine Vorstellung des geplanten Projektablaufs. Die Veranstaltung endet mit einem ersten Erfahrungsaustausch zwischen den beteiligten Lehrer:innen, Architekt:innen und den Vertreter:innen der LEADER-Regionen.
2. Stadtspaziergang
Gemeinsam mit den Kommunen, Lehrer:innen und Architekt:innen werden vorab städtebauliche Bereiche ausgewählt, für die Ideen gesucht werden. Im Anschluss finden geführte Stadtspaziergänge mit den Schüler:innen statt, wobei wichtige Informationen für die Projektarbeit vermittelt werden. Während des Stadtspazierganges setzen sich die Schüler:innen intensiv mit ihrer Umgebung auseinander und lernen viel über die Geschichte der Orte und ihre Probleme kennen. Sie wählen selbstständig ein Thema aus, welches sie weiter bearbeiten möchten.
3. Arbeitsphase in den Schulen
Nach abgeschlossener Themenfindung, beginnt die eigentliche Arbeit am Projekt. Die mitwirkenden Schulklassen bearbeiten gemeinsam mit ihren Betreuern:innen ihr Thema. Die Herangehensweise an die jeweiligen Projekte orientiert sich an den Lerninhalten der jeweiligen Fächer. Dabei starteten Projekte entsprechend unterschiedlich. Einige Schulen starten mit einer Exkursion zum eigentlichen Objekt, andere erarbeiten sich zunächst theoretisches Grundwissen zu Architekturepochen, Baustilen oder technischen Besonderheiten. Der Schwerpunkt liegt auf dem praktischen Teil. Hier wird der Kreativität der Schüler:innen keine Grenzen gesetzt, was an den vielfältigen Ergebnissen deutlich wird. Der Zeitaufwand beträgt durchschnittlich 7 bis 8 Doppelstunden im regulären Unterricht oder im Rahmen von Neigungskursen, Ganztagsangeboten, Vertiefungskursen oder Projekttagen. Hinzu kommt die Vorbereitung der Abschlusspräsentation und Exkursion. Die Schulen erhalten eine Finanzierung für notwendige Sachmittel und die Durchführung von Exkursionen zur Umsetzung ihrer Projektinhalte.
4. Exkursion
Teil des Projektes sind ganztägige Exkursionen, auf denen sich die Jugendlichen Anregungen für das von ihnen bearbeitete Thema aneignen.
5. Präsentation
Ein wesentlicher Bestandteil des pädagogischen Konzeptes von »Architektur macht Schule« ist das öffentliche Präsentieren der gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten Ideen gegen Ende des Schuljahres. So fand am 29. März 2023 eine Abschlussveranstaltung für die im laufenden Schuljahr 2022/2023 durchgeführten Projekte in der NEVEON Arena in Burkhardtsdorf statt. Am Projekt »Architektur macht Schule« waren insgesamt 280 Schüler:innen beteiligt. Die Ergebnisse wurden von den Lernenden selbst präsentiert. Des Weiteren gab es eine kleine Ausstellung, mit Modellen und Plakaten. Anhand der vielseitigen Projektergebnisse wird deutlich, dass sich die Schüler:innen mit viel Freude, Neugier und großem Interesse mit den vielseitigen Themen Architektur, Stadtplanung und gestalteten Freiräumen auseinandersetzten. Die Projekte wurden durch Lehrinhalte der Fächer Kunst, Geografie, Biologie und geisteswissenschaftliche Profile bereichert und verdeutlichen den ganzheitlichen Stellenwert von Architektur für unsere Gesellschaft als Lebensraum und als Ort der Begegnung. Durch die Beschäftigung mit einem konkreten Objekt wurde man zudem den pädagogischen Forderungen nach außerschulischem Lernen gerecht. Dabei erhielten die Lehrer:innen Unterstützung von Architekt:innen, Stadtplaner:innen, Landschaftsarchitekt:innen und auch Bauingenieur:innen, die über das nötige Expertenwissen verfügen. Ziel des Gesamtprojekts ist es, Architektur jenseits der bekannten Muster auf anspruchsvolle und unterhaltsame Art zu erklären und zu vermitteln. Erstaunlich ist dabei, welch unglaubliche Kreativität die Schüler:innen bisher entwickelt haben. Zugleich wurden grundlegende menschliche Fähigkeiten trainiert. Baukulturelle Bildung schult das Sehen und Erleben, fördert Interdisziplinarität und Teamwork und hilft historisches und ökologisches Bewusstsein zu entwickeln.
6. Partizipation
Mit der Vorauswahl der städtebaulichen Bereiche in den Kommunen, wird das Ziel verfolgt, eigene Ideen der Schüler:innen in die Diskussion der kommunalen Entwicklung einzubringen. Gleichzeitig soll damit ein Beitrag geleistet werden, partizipative Prozesse zur Jugendbeteiligung, in den Gemeinden anzuschieben. So werden die Projektideen der Schüler:innen im Rahmen einer öffentlichen Präsentation mit Bürgermeistern, Gemeinderäten und der Verwaltung in der jeweiligen Kommune diskutiert. Dadurch werden Schüler:innen zu einer kritischen und gleichzeitig konstruktiven Auseinandersetzung mit den räumlich-baulichen Gegebenheiten ihrer Stadt / ihres Dorfes befähigt. Zudem wird ein konstruktiver Dialog mit den Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung und das Demokratieverständnis gefördert. Viele der Lösungsvorschläge sollen weiterentwickelt werden, teils ist auch eine konkrete Umsetzung der bisherigen Ideen geplant.