Wolfgang-Hänsch-Relief
Würdigung des bedeutendsten Dresdner Architekten nach 1945
Wolfgang Hänsch (1929-2013) gilt als der erfolgreichste Architekt in Dresden nach dem Zweiten Weltkrieg. Wohl kein anderer Architekt hat sich über einen von mehr als 50 Jahren andauernden Zeitraum derart um den Wiederaufbau der zerstörten Stadt bemüht und stadtbildprägende Bauwerke geschaffen. Viele seiner Bauten sindweit über die Landesgrenzen hinaus bekannt, einige von ihnen erlangtenauch internationale Bedeutung. Mit vielen seiner Bauten setzte er Maßstäbe in der Entwicklung einer zeitgemäßen Architektur in Dresden, andere zeugen von seinem meisterhaften Können bei der Bewältigung einer von höchsten Ansprüchen getragenen Rekonstruktion historischer Bauwerke. Dabei hatte Wolfgang Hänsch einen erheblichen Anteil an der Überwindung der in den frühen 1950er Jahren herrschenden Architektur der sog. „Nationalen Bautraditionen“. Mit seinem damals Aufsehen erregenden Straßenzug an der Borsbergstraße gelang der Durchbruch zu einer modernen Architektur, die den Beginn des industriellen Bauens in Dresden einleitete und architektonisch ein hohes gestalterisches Niveau aufwies. Danach plante er in ununterbrochener Folge die ebenfalls hoch anerkannten Bauten an der Webergasse, ein Kinderkaufhaus an der Wallstraße, das „Haus der Presse“ mit Druckereikomplex an der Ostra-Allee und andere wichtige Vorhaben. Anfang der sechziger Jahre übernahm er als Chefarchitekt die Planung des Kulturpalastes. Leopold Wiel, der mit seinem Wettbewerbsentwurf die städtebauliche Idee für dieses Bauwerk geschaffen hatte, bezeichnete es als einen Glücksfall, dass mit der Planung des Palastes Wolfgang Hänsch beauftragt wurde. Er führte dieses anspruchsvolle Bauwerk nach einem langen Prozess des Entwerfens und Verwerfen letztlich zum Erfolg. Große Künstlerpersönlichkeiten spendeten dem Bauwerk höchstes Lob und die Fachwelt pries den Palast als eine der bedeutendsten Architekturleistungen der Nachkriegsmoderne in der Stadt Dresden. Es lag damit nah, dem erfolgreichen Architekten Hänsch auch die Planung für den Wiederaufbau der Dresdner Semperoper zu übertragen. Wie souverän er diese höchstkomplizierte Bauaufgabe bewältigte, versetzte alle mit dem Bau Verbundenen in größte Bewunderung. Mit sicherer Hand koordinierte er die vielen Experten und Spezialisten, leitete die komplizierten Planungsprozesse und erfüllte dabei die denkmalpflegerischen Forderungen und Ansprüche in beispielhafter Weise. Von der Bevölkerung wie der Fachwelt wurde dieSemperoper gleichermaßen begeistert aufgenommen. Anerkennung fand nicht nur der Wiederaufbau des historischen Opernhauses, sondern auch die architektonische Lösung für seine dringend erforderliche Erweiterung. Rückwärtig des Opernhauses entstanden drei, durch verglaste Brücken untereinander und mit dem Vorstellungshaus auf der Bühnenebene verbundene Solitärbauten als konsequent moderne Ergänzungsbauten. Ihre herausragende architektonische Qualität ist insbesondere in ihrer ausgewogenen stadträumlichen Komposition, ihrer hohen Funktionalität und der bis ins Detail künstlerisch durchgestalteten Baukörper begründet. Kurz nach Vollendung des Wiederaufbaues erschien im Verlag für Bauwesen sein Buch „Die Semperoper“. In diesem umfangreichen Werk machte Hänsch die kunstinteressierte Leserschaft mit dem Leben und Werk von Gottfried Semper vertraut, berichtete über die Geschichte der Dresdner Theaterbauten und die verschiedenen Planungsansätze und -etappen beim Wiederaufbau. Das Buch fand große internationale Anerkennung und zählt zu den wichtigen Publikationen über Dresden.
In der neuen Zeit nach der Wiedervereinigung ließ sich Wolfgang Hänsch, schon 61-jährig als freischaffender Architekt nieder und widmete sich mit großer Schaffenskraft wichtigen Bauaufgaben, wie der Rekonstruktiondes Zuschauerraumes im Dresdner Schauspielhaus. Immer wieder nahm er mit großer Leidenschaft und oft erfolgreich an Wettbewerben teilund erarbeitete Studienprojekte. Seine große zeichnerische Begabung war ihm ein ständiger Begleiter seiner schöpferischen Tätigkeit.
Trotz aller großen Erfolge, ließ sich Hänsch nie dazu hinreißen, Starallüren anzunehmen. Seine persönliche und gesellschaftliche Integrität, seine wohltuende und bescheidene Art im Umgang mit Partnern, Kollegen und Freunden zeichneten ihn aus als einen Menschen, dem man mit Hochachtung begegnete. Besonders hervorzuheben ist seine umfangreiche ehrenamtliche Tätigkeit. In den siebziger und achtziger Jahren übernahm er das Amt des Vorsitzenden der Bezirksgruppe Dresden des Bundes der Architekten der DDR. In dieser Funktionvertratund verteidigte er mit großem diplomatischen Geschick und unanfechtbarer fachlicher Kompetenz die Interessen der Architekten und die Belange der Architektur in oftmals schwierigen politischen und ideologischen Auseinandersetzungen – ohne Mitgliedschaft in der SED. Nach der Wende übertrug ihm der neu gegründete Bund Deutscher Architekten die Würde eines Ehrenmitgliedes. Die ebenfalls nach der Wende gegründete Sächsische Akademie der Künste berief ihn als ordentlichesMitglied in die Klasse Baukunst. Die Technische Universität Dresden verlieh ihm die Würde eines Ehrendoktors. Und nicht zuletzt sei seine Ehrenmitgliedschaft der Architektenkammer Sachsen erwähnt.
Im Jahr 2013 verstarb leider Wolfgang Hänsch. Die Stiftung Sächsischer Architekten würdigte 2018 sein besonderes Lebenswerk mit einem von Peter Makolies geschaffenen Relief an der Semperoper Dresden, dass von privaten Spenden und Zuwendungen der Architektenkammer Sachsen, dem Bund Deutscher Architekten, Landesverband Sachsen und der Sächsischen Akademie der Künste finanziert wurde. Zuvor waren die Würdigungen auf dem wenige Wochen nach Wolfgang Hänschs Tod abgehaltenen Ehrenkolloquium im ersten Band der stiftungseigenen Schriftenreihe veröffentlicht worden.